
Je suis Paris, never Haiti
“Adieu mon petit pays
Adieu ma famille
Adieu mon île, ô Haïti,
adieu ma petite terre”
Raphael Haroche, Adieu Haiti song
A todos los países, ciudades y pueblos invisibles.
Hay países invisibles.
Tienen ciudades y calles
y seres invisibles que los pueblan,
y niños invisibles
que visten de azul y rosa,
ríen y nadan bulliciosos,
cantan y bailan
y no importan.
Sufren sus tragedias invisibles
que el mundo no comparte,
que sólo en su tierra menuda
se sienten.
A veces nos alcanzan sus lamentos:
repiqueteo de la lluvia en la ventana,
mientras el fuego crepita en el hogar
y el perro duerme cálido a los pies.
A veces vislumbramos los fantasmas
en fotos que desaparecen de los diarios.
Nunca veremos los cuerpos
—insepultos en ningún mapa—
en un lugar invisible que se viste de llanto,
un lugar tan cerca en la distancia,
un lugar tan lejos en querer.
Pero
Hay álguienes que lo extrañan y lo aman
y lo recuerdan.
Y hay nadies que lo lloran y lo viven
y lo mueren.
Je suis Paris, never Haiti
“Adieu mon petit pays
Adieu ma famille
Adieu mon île, ô Haïti,
adieu ma petite terre”
Raphael Haroche, song Adieu Haiti
Für alle unsichtbaren Länder, Städte und Dörfer.
Es gibt unsichtbare Länder.
Sie haben Städte, Straßen
und unsichtbare Wesen, die dort leben,
unsichtbare Kinder
die blau und rosa angezogen sind,
sie lachen und schwimmen ausgelassen,
singen und tanzen
aber sie spielen keine Rolle.
Sie leben ihre unsichtbaren Tragödien
die die Welt nicht interessiert,
Schmerz, den nur sie fühlen
in ihrem vergessenen Land.
Manchmal erreichen uns ihre Klageschreie:
Beim Prasseln des Regens auf dem Fenster,
während das Feuer im Kamin knistert
und der Hund warm an unseren Füßen schläft.
Manchmal sehen wir Geister
auf Fotos, die aus den Zeitungen verschwinden.
Nie werden wir ihre Leichen sehen
– auf keiner Karte sind sie begraben-
an einem unsichtbaren Ort, der sich in Schreien kleidet,
ein Ort so nah in der Ferne,
ein Ort, zu weit weg, um sich für ihn zu interessieren.
Doch
Es gibt jemanden, der sie vermisst und liebt
und sich an sie erinnert.
Aber es gibt niemanden, der sie beweint, der mit ihnen mitlebt
und mitstirbt.
ins Deutsche übertragen von Antje Stehn
Je suis Paris, never Haiti
“Adieu mon petit pays
Adieu ma famille
Adieu mon île, ô Haïti,
adieu ma petite terre”
Raphael Haroche, song Adieu Haiti
To all small and invisible countries, regions and villages.
There are invisible countries.
They have invisible cities, streets,
and beings that inhabit them,
There live invisible children
wearing blue and pink,
laughing and swimming,
singing and dancing,
but they don’t matter.
They suffer their invisible tragedies
that the world doesn’t share,
pain that only they feel
in their forgotten land.
Sometimes their laments reach us:
the rattling of the rain on the window,
while the fire crackles in the hearth
and the dog sleeps warmly at our feet.
Sometimes we glimpse the ghosts
in pictures that disappear from newspapers.
We never see the bodies
̶ unburied on no map –
in an invisible place dressed up in cries,
a place so close in the distance,
and yet, so far from our will.
But
There are somebodies who miss it and love it
and remember it.
And there are nobodies who cry it and live it
and die it.
Selección natural
Lo saben nuestros músculos y huesos.
Lo entiende el corazón, lo intuye el vientre.
Está escrito en los genes:
No evolucionamos aniquilando.
No crecemos sobre otros cuerpos derrotados.
No es la lucha entre los más
machos, fuertes,
Alfa.
Es la supervivencia de los más pequeños,
de los heridos, los vulnerados
el triunfo de la especie.
Natürliche Selektion
Unsere Muskeln und Knochen wissen es.
Das Herz versteht es, der Bauch spürt es.
Es ist in den Genen geschrieben:
Wir entwickeln uns nicht durch Vernichtung.
Wir wachsen nicht auf anderen besiegten Körpern.
Es ist nicht der Kampf zwischen den größten
Maschos, stark,
Alpha.
Das Überleben der Kleinen,
der Verwundeten, der Verletztlichen
ist der Triumph der Spezies.
ins Deutsche übertragen von Antje Stehn
Natural selection
They know it, our muscles and bones.
The heart understands it, the belly senses it.
It is written in the genes:
We do not evolve by annihilating.
We do not grow on other defeated bodies.
It is not the fight between the most
macho, strong,
Alpha.
It is the survival of the little ones,
the injured, the vulnerable
the triumph of the species.
Lágrima
Pequeña criatura redonda,
cristalina, salada, tibia,
que juega en la piscina de los ojos
y resbala por el tobogán de mi cara.
Se entromete en las cartas disolviendo la tinta.
Se asoma a los libros
dejando un rastro de babosa.
Moja mis camisas en charquitos que desaparecen.
Se pierde en comisuras secretas
y al final es rescatada por un beso.
Mensajera del estado del tiempo:
Tristeza, alegría, sufrimiento, amor.
O simplemente desagüe
de la química loca.
Pero a veces,
a veces,
el dolor la convoca en un sollozo abrupto.
Entonces no es una, sino cientos
que no juegan ni resbalan.
Saltan de mis ojos
como esquirlas de bombas,
de las bombas que estallan en mi pecho.
Träne
Kleine runde Kreatur,
kristallin, salzig, warm,
spielt im Schwimmbecken der Augen
gleitet die Rutsche in meinem Gesicht herunter.
Dringt in die Seiten ein, löst die Tinte auf.
steckt ihre Nase in die Bücher
hinterlässt eine Schneckenspur.
Benetzt meine Bluse mit kleinen Pfützen, die wieder verschwinden.
Verliert sich in geheimen Ecken
und am Ende wird sie durch einen Kuss gerettet.
Wetterbote:
Traurigkeit, Freude, Leiden, Liebe
oder einfach nur ein Abfluss
der verrückten Chemie.
Nur manchmal,
manchmal,
holt der Schmerz sie in einem abrupten Schluchzen hervor.
Dann ist es nicht eine, sondern Hunderte
die nicht spielen oder rutschen,
Sie springen aus meinen Augen
wie Splitter aus Bomben,
der Bomben, die in meiner Brust explodieren.
ins Deutsche übertragen von Antje Stehn
Tear
Little round, crystalline
salty warm creature,
who plays in the pools of the eyes,
and dives down the slide of my face.
She intrudes on the letters dissolving the ink,
and stick her nose in the books
leaving a slug’s trail.
She wets my shirts in little puddles that disappear.
She gets lost in secret corners
and in the end is rescued by a kiss.
Messenger of the weather:
Sadness, joy, suffering, love
or simply a drain
of the crazy chemistry.
But sometimes,
sometimes,
the pain summons her in an abrupt sob.
Then it is not one, but hundreds
that do not play or slip,
they jump out from my eyes
like the shrapnel of bombs,
the bombs that explode in my chest.
El muerto
Una conmoción
Había un muerto en la calle
Desesperada buscaba indicios
no podía ser nadie conocido
Vi un zapato solo sin su pie
«no, no lo conozco»
y supe que todo estaría bien.
Luego vi un bulto entre las piernas curiosas
y supe que todo estaría mal para él.
Pedazos de materia me guiaban al cuerpo
Pensé en alguien desvistiéndose:
se quita un zapato y lo tira lejos
se desabotona su piel y deja regadas sus entrañas.
Y yo pensaba en aquellos que alguna vez
abrazaron el todo, con sus trozos juntos.
Me imaginé a su madre y era la mía
¿Tendría una hermana? Y veía mi cara
Tal vez un hijo, una hija y éramos nosotros
Y sus amigos eran los míos.
El aire se hizo escaso
respirar era arduo y dolía.
Sentí un daño, como un corte profundo.
Alguien había cercenado para siempre
una rama del árbol de la vida.
Ese muerto era mío,
aunque nunca lo había visto.
Der Tote
Aufruhr.
Auf der Straße lag ein Toter
verzweifelt suchte ich nach Hinweisen
“Bitte, lass es niemanden sein, den ich kenne.”
Ich sah einen Schuh allein ohne Fuß
“Nein, der ist mir nicht bekannt”
Und ich wusste, dass alles in Ordnung sein würde
dann sah ich einen Körper durch die Beine der Menge
und ich wusste, dass es schlecht um ihn stand.
Gewebestücke führten mich zum Körper
ich dachte an jemanden, der sich auszieht:
zieht einen Schuh aus und wirft ihn weg
knöpft seine Haut auf und lässt seine Eingeweide herauslaufen.
Und ich dachte an diejenigen, die ihn einmal
umarmten als Ganzes alle Teile zusammen.
Ich stellte mir seine Mutter vor und sie war meine Mutter
ob er wohl eine Schwester hat? Und ich sah mein Gesicht
vielleicht einen Sohn, eine Tochter und das waren wir
und seine Freunde waren die meinigen.
Die Luft wurde knapp
das Atmen schwer und stechend.
Ich fühlte Schmerzen, wie bei einem tiefen Schnitt.
Jemand hatte für immer
einen Ast des Lebensbaumes abgetrennt.
Dieser Tote gehörte mir
obwohl ich ihn noch nie vorher gesehen hatte.
ins Deutsche übertragen von Antje Stehn
The dead man
A commotion.
There was a dead man in the street
Desperate, I was looking for clues
“Please, let it not be anyone I know”
I saw a shoe alone without its foot
“No, I do not know it”
And I knew that everything would be alright
Then I saw a body through the crowd’s legs
And I knew that nothing would be alright
for him
Chunks of matter led me to the body
I thought of someone undressing:
takes off a shoe and throws it away
unbuttons his skin and lets his entrails spill out.
And I thought of those who once
embraced the whole, the pieces together.
I imagined his mother and she was my mother.
Would he have a sister? And I saw my face
Maybe a son, a daughter and it was us
And his friends were mine.
The air became thin
breathing was hard and it hurt.
I felt pain, like a deep cut.
Someone had severed forever
a branch of the tree of life.
That dead man was mine
although I never had seen him.
Empatía
Cruza un día tus fronteras
y habítame.
Ven a ver el paisaje desde mi ladera,
vas a vestir mi piel y a caminar mis pasos.
Desamarra mis nudos y peina mis recuerdos
que mi dolor te estrujará desde tu entraña
y sólo así podrás llorar mis lágrimas.
Empathie
Überquere eines Tages deine Grenzen
und bewohne mich.
Komm und sieh dir die Landschaft von meinem Hügel aus an.
Du wirst meine Haut anziehen und in meinen Schritten gehen.
Meine Knoten lösen und meine Erinnerungen durchkämmen
so dass mein Schmerz dich in deinen Eingeweiden drücken wird
nur so kannst du meine Tränen weinen.
ins Deutsche übertragen von Antje Stehn
Empathy
Cross your borders one day
and inhabit me.
Come see the landscape from my hillside,
you’re going to dress in my skin and walk in my steps.
Untie my knots and comb my memories
that my pain will squeeze you from your gut
and only then you could cry my tears.
LUZ STELLA MEJIA is a writer, editor, and marine biologist from Colombia. She has published two books of poetry, Etimológicas (2020) and Palabras Sumergidas (Submerged Words (2018) which won a special mention at the Savannah International Festival Prize (2019). Her poems and short stories have been featured in different anthologies and digital literary magazines. Her poem “Esa Paz que quiero (“That Peace I Want”) won honorable mention in the contest “Mil Poemas por la Paz del Mundo” (A Thousand Poems for the Peace of the World, 2019). She lives in the US where she works at Tessellata, her own publishing house, and collects books in Spanish to donate them to the inmates at the Detention Center and share them with the Hispanic community.